Analyse des Programm-Entwurfs der AfD Hamburg

Quelle: Lokalberichte Hamburg 19/2014

In Hamburg finden im Februar nächsten Jahres Bürgerschaftswahlen statt.
Aus diesem Anlass will die deutschnationale „Alternative für Deutschland“
(AfD) am 3. und 4. Oktober einen Landespareitag abhalten. Die
KandidatInnen zur Bürgerschaftswahl sollen gewählt werden und ein
Wahlprogramm soll verabschiedet werden.

Während der Ort des Parteitags noch nicht bekannt gegeben wurde, liegt der
Programmentwurf des Landesvorstands vor. Hier das Wesentliche:

In der Präambel heißt es, zwar sei die AfD wegen der „katastrophale(n)
EURO- und Europapolitik“ gegründet worden, vertrete nun aber „das Programm
einer breit aufgestellten bürgerlichen Partei“. Nur drei Beispiele für
angeblich drängende Probleme werden genannt: „die unzulängliche
Einwanderungssteuerung und Kriminalitätsbekämpfung“ sowie „umfassende()
Behinderung offener Diskussionen (‚political correctness‘)“. Letzteres ist
ein Schlagwort der Rechten, um Kritik an ihren rassistischen Äußerungen
als illegitim, weil nur einem „PC-Denken“ folgend, darzustellen. Auf gut
deutsch heißt dasselbe: „Man wird ja wohl noch sagen dürfen…“

Kriminalitätsbekämpfung versus Bürgerrechte
Die AfD will nicht nur 500 Polizeibeamte mehr auf Hamburgs Straßen sehen,
sondern auch die Speicherung von Verbindungsdaten zwecks Extremismus- und
Kriminalitätsbekämpfung einführen. „Mit den erfassten Daten können relativ
genaue Bewegungsprofile erstellt werden“, jubiliert die AfD und macht
damit einmal mehr deutlich, dass ihr die informationelle Selbstbestimmung
des Einzelnen keinen Pfifferling wert ist.

Die Forderung nach „Einrichtung geschlossener Heime für jugendliche
Intensivtäter“ ist von der Schill-Partei bekannt. Hier macht sich die
Handschrift des stellvertretenden Parteisprechers Dirk Nockemann
bemerkbar. Er war schon Abgeordneter der Schill-Partei. 2003/04 war er
sogar Innensenator. Bekannt kommen auch Forderungen vor, bei 18- bis
21jährigen das Erwachsenenstrafrecht anzuwenden und straffällig Gewordene
ohne deutschen Pass vermehrt abzuschieben.

Rassismus
Hier geht der Wunsch nach harter Bestrafung Hand in Hand mit dem Rassismus
dieser Partei. Konsequent wird „die Aufnahme der Ethnie bzw. des
Migrationshintergrunds in der polizeilichen Kriminalstatistik“ gefordert.
Dieser Rassismus zieht sich durch das Programm. Eine doppelte
Staatsbürgerschaft wird „selbstverständlich“ abgelehnt, genauso wie die
abfällig „Multikulti-Utopien“ genannten Vorstellungen von einer
Gesellschaft, in der die ethnische Herkunft unwichtig ist – das führe
nämlich zu „ethnische(n) Parallelgesellschaften in unseren Städten“.

Auch das Bild von „Ausländern“, die Deutschland in Massen überfluten, um
Sozialleistungen zu erbeuten, wird bedient: „Es muss verhindert werden,
dass vorrangig solche Personen zu uns kommen, die sich von unseren
sozialen Leistungen angelockt sehen. Die Anreize zur Einwanderung (Hartz
IV oder Kindergeld) in die Sozialsysteme sind zu minimieren! Nur wer über
mehrere Jahre hinweg in Deutschland gearbeitet und Steuern gezahlt hat,
erwirbt einen Anspruch auf hiesige Sozialleistungen. Allen anderen ist
Sozialhilfe nur nach Standard ihrer Herkunftsländer zu gewähren.“

Außerdem soll der Familiennachzug eingeschränkt werden. Asylbewerber
sollen Sach- statt Geldleistungen erhalten. Gegen die Zuwanderung von Roma
verlangt die AfD „eine Aufhebung der Visafreiheit“ für Serbien und
Mazedonien.

Gegen „Gleichmacherei“
In der Präambel findet sich auch das Mantra aller rechten Weltanschauungen
wieder: „Differenzierung statt Gleichmacherei“. Denn eine Überzeugung ist
diesen Leuten gemeinsam: Die Menschen sind ungleich. Das soll auch so
bleiben! Dementsprechend verorten sie ihre GegnerInnen in der linken
Bewegung, die schließlich egalitäres Gedankengut vertritt. Insbesondere
deren radikalster Teil hat es der AfD angetan. Die Stadt dulde seit
Jahrzehnten rechtsfreie Räume für „Linksextremisten“, insbesondere die
„Rote Flora“ hassen sie geradezu.

Die Verstetigung der Ungleichheit (gern als „Leistungsprinzip“ verklärt)
zieht sich durch Programm. So steht die AfD „für ein differenziertes
staatliches Bildungssystem“, denn das „wird den unterschiedlichen
Begabungen und Anforderungen der Schüler am besten gerecht“. Und so sollen
behinderte Kinder in speziellen Förderschulen unterrichtet werden; die
„Inklusion“ in den Normalunterricht wird abgelehnt.

Für „Leistungsstarke“ sollen Elitebildungsgänge eingeführt werden: „Die
AfD fordert Leistungszentren für die zweijährige Oberstufe bis zum Abitur
an einzelnen Gymnasien. Leistungszentren verfolgen das Ziel, vergleichbar
den Elitezentren des Sports, besonders leistungsfähige und engagierte
Schüler herausragend zu fordern und fördern.“

Finanzpolitik im Geiste von Profit und Ideologie
Zum einen wird die „Einhaltung der Schuldenbremse“ zum „oberste(n) Gebot“
erklärt, zum anderen soll die Verkehrsinfrastruktur instand gesetzt und
ausgebaut werden. Die Polizei soll, wie gesagt, mehr Stellen erhalten. Da
denkt man sich doch gleich, wo soll das Geld hergenommen werden? Dazu
schweigt die AfD, aber der Satz „Konsumausgaben dürfen nicht mehr durch
zusätzliche Schulden getätigt werden“, lässt schon die Richtung erahnen.
Geld ausgeben, wo es der Wirtschaft nützt oder dem anvisierten
Erscheinungsbild der Stadt entspricht - und da einsparen, wo es den
HamburgerInnen zugute käme.

Die AfD plant nach ostdeutschem Vorbild einen populistischen Wahlkampf.
Sie will WählerInnen durch das Ausnutzen und Schüren von Ressentiments
gegen Einwanderer gewinnen und zugleich an die Erfolge der Schill-Partei
mit ihren platten Parolen in Sachen Kriminalitätsbekämpfung anknüpfen.
Alle anderen stadtpolitischen Forderungen stehen wirtschaftlich unter dem
Zeichen ihres Nutzens für die Hamburger KapitalistInnen und verfolgen
ideologisch das Ziel, das Welt- und Menschenbild der AfD als Leitmotiv
durchzusetzen.

Erstrebt wird eine Stadt in der es ein Oben und Unten gibt, dass nicht in
Frage gestellt wird. Eine Stadt, die die Ursache von Fehlentwicklungen
oder sozialen Problemen nicht in der Klassengesellschaft sieht, sondern in
den „bösen Anderen“, also den MigrantInnen, den HartzIV-EmpfängerInnen,
die sich „nicht bemühen“, den Kriminellen und LinksextremistInnen. Eine
Stadt, in der ich nicht Leben wollen würde!

Zum Nachlesen:

der Entwurf des AfD-Wahlprogramms für Hamburg
http://www.hamburgnotizen.de/AFD-Wahlprogramm-Hamburg-Entwurf.pdf